Schreiben über Film entlang der Schnittstellen Film | Kunst | Bildung

Filmstill aus dem Film „Wir haben so schön geschlafen“ (Suse Itzel, 2018, 13 Min)

Zwei schriftliche Annährungen von Sonja Andrykowski & Katja Lell zu Suse Itzels Film „Wir haben so schön geschlafen“ (2018, 13 Min, Edition#06). In diesen dialogisch entstandenen Texten erforschen die Autorinnen wissenschaftliche und essaystische Schreibformen, die die Eigenheiten experimenteller Filmpraxis berücksichtigen.

EINE EINSTELLUNG ERTASTEN

DIE ZÄRTLICHKEIT DER HÄNDE

Meine Gedanken verdrehen sich, sie tanzen, springen und rennen. Ich kann sie greifen, aber immer nur für einen Moment. Für einige Sekunden, mehrere Minuten, oder vielleicht sogar Stunden. Ich weiß es nicht, denn die Zeit verfliegt und zerlegt sich, während ich diesen Geistern nachjage. Ich will es formulieren, einen Gedanken, ein Argument, eine Idee. Ich möchte anderen mitteilen, was dieser Film für mich war und vielmehr möchte ich eine Theorie aufstellen über Wahrnehmung, Bilder, Töne und vor allem über Subjekte, die sich immer wieder auf unterschiedlichste Arten neu erzählen, in diesen Erzählungen ihre Ausgangspositionen transformieren und ihre Perspektiven wechseln. Ich möchte über die verzweigten Wege sprechen, die ich innerhalb eines Films gegangen bin. Doch spüre ich, wie die Wege sich neu verzweigen und neu entwerfen, sobald ich sie erneut gehe, sie sind nie dieselben und wieder verliere ich mich in den Bewegungen und im „Bewegt-sein“ des Films und mir selbst.

Ich verfange mich in einzelnen Details, die ich immer wieder neu lese und ich frage mich, was die Funktion eines Textes ist, der versucht über Film zu schreiben? Das „über“ macht mich skeptisch. Was bleibt beim „über-schreiben“ noch vom Film? Soll der Film im Text überschrieben werden? Als Filmemacherin und -liebhaberin erscheint mir das keine annehmbare Bedingung und die Frage, ob ein anderes Schreiben möglich wäre, beschäftigt mich. Ein Schreiben mit Film? Oder ein Schreiben „durch“ Film?

Kann ich _ Film schreiben, ohne den Film zu marginalisieren und die affizierende Sprache von Bildern zu marginalisieren? Mein Wunsch ist es, eine wortreiche Zärtlichkeit gegenüber Film zu erarbeiten, sich mit meinen Wörter an ihn zu schmiegen und die Farben und Töne meine Wörter durch-dringen zu lassen.

Und ich frage mich, wie ich eine Feinheit und Zärtlichkeit entwickeln kann, um diesen Bewegungen zu folgen, ohne sie mit Sprache zu überdecken und den Film aus dem Text auszugrenzen und ihm seiner Bewegtheiten zu berauben.

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Katja Lell im Gespräch mit Adnan Softić – Texte
Aktuelles – Katja Lell